
MAYA LATSCHA-FANKHAUSER



Ich bin Mutter von zwei wunderbaren Jungs (2014 & 2018) und der Start ins Familienleben war alles andere als einfach. Die Reise begann mit der Geburt von unserem Grossen im 2014.
Nach einer schwierigen Schwangerschaft, welche mental sehr belastend war, hielten wir einen gesunden Jungen im Arm. Als man ihn nach dem Kaiserschnitt endlich auf die Brust legte, fühlte ich nichts. Keine Erleichterung, keine Freude, keine Liebe. Für viele ist das der bewegendste Moment ihres Lebens – ich habe nur Leere gespürt – ich war müde und erschöpft von den ganzen Strapazen der letzten Wochen und Monate. Es war schrecklich. Ich konnte dem Bild einer idealen Mutter nicht entsprechen. Auch die nächsten Wochen brachten keine Besserung. In der Klinik weinte ich den ganzen Tag, ich konnte mich über nichts freuen, ich war körperlich und seelisch am Ende. Gegenüber meinem Sohn hatte ich starke Schuldgefühle, dass ich ihn nicht auf Anhieb so lieben konnte, wie ich es sich immer ausgemalt hatte. Dabei hätte ich so erleichtert sein können über das gesunde Kind.
Das Klinikpersonal bemerkte zum Glück schnell, was mit mir los war und organisierte schnell fachliche Hilfe. In den kommenden Monaten wurde ich engmaschig durch meine Angehörigen, eine liebe Psychologin, meine Hebamme und die Mütter & Väterberatung begleitet.
Zur meiner Gefühllosigkeit kamen bald eine tiefe Niedergeschlagenheit, Verzweiflung, Suizidgedanken, diffuse Ängste, Panikattacken und Schlafprobleme hinzu. Ich erkannte mich selbst nicht mehr und war nur noch ein Schatten meiner selbst. Ich konnte die einfachsten Aufgaben nicht stemmen und war überfordert. Erst als ich nach ein paar Wochen begann Psychopharmaka und Schlafmittel zu nehmen, spürte ich endlich etwas Linderung meiner Symptome. Die Bindung zu meinem Sohn konnte ich dank professioneller Hilfe Stück für Stück aufbauen. Nach einem Jahr fühlte ich mich endlich etwas besser. Im Sommer 2016 – über zwei Jahre nach der Geburt unseres Sohnes – hatte ich das Gefühl, endlich wieder die Alte zu sein.
Im 2018 nach der Geburt des zweiten Sohnes erkrankte ich – trotz intensiver Therapie und Vorbereitung – erneut. Diese Episode war jedoch deutlich weniger intensiv und kürzer. Ich konnte vom ersten Moment die Mutterliebe fühlen und hatte eine schöne Geburt.
Einige Erfahrungen aus dieser Zeit waren sehr schmerzhaft und haben tiefe Narben hinterlassen. Trotzdem kann ich heute sagen: es hat alles seinen Grund und ich bin dankbar für die Erfahrungen auf meinem Weg. Sie haben mich zu meiner heutigen Berufung geführt. Ich habe mich durch die Erfahrungen verändert und das ist gut so. Meine Einstellung zum Leben und zu den Dingen, die wirklich wichtig sind, hat sich nachhaltig verändert. Ich bin dankbar, dass ich heute ein lebenswertes Leben führen und zwei wunderbare Kinder grossziehen darf. Heute habe ich zu beiden Jungs eine liebevolle und tiefe Bindung und bin von Herzen gerne Mama. Eine Geschichte mit einem guten Ausgang, auch wenn der Start sehr holprig war.
VON EINER BETROFFENEN ZUR FACHPERSON
Seit 2015 bin ich Mitglied im Vorstand des Vereins Postpartale Depression Schweiz. Seither setze ich mich für Betroffene Familien ein und engagiere mich in den sozialen Medien zur Entstigmatisierung des Themas.
Seit 2019 bin ich im stationären Behandlungsteam der psychiatrischen Dienste Graubünden in Cazis GR auf einer Mutter-Kind-Abteilung tätig. Dort konnte ich mein Fachwissen stetig erweitern und meine eigenen Erfahrungen und Genesungsweg immer wieder von neuem beleuchten.
Im 2020 habe ich die Ausbildung zur zertifizierten Genesungsbegleiterin bei der IPeBo e.V. (Initiative Psychiatrie Erfahrener Bodensee) begonnen und im 2022 abgeschlossen.
Seit 2022 arbeite ich zusätzlich im stationären Behandlungsteam der Privatklinik Hohenegg in Meilen ZH. Dort begleite ich Patienten mit verschiedenen Diagnosen auf ihrem Genesungsweg zurück in einen gesunden Alltag.
Im 2023 wagte ich dann den Schritt in die Selbstständigkeit und biete nun auch private Begleitungen vor und nach Klinikaufenthalten an. Dieses Angebot richtet sich an Selbstzahler, welche sich eine Begleitung im ambulanten Setting wünschen.